Bleiben oder gehen?
Bleiben oder gehen? Diese Frage stellt sich oft, wenn man im Job nicht mehr zufrieden ist. Dass es nicht immer einen kompletten Wechsel braucht und welche Rolle Job Crafting dabei spielt, erklärt uns die Laufbahn- und Karriereberaterin Barbara Keller im Interview.
Frau Keller, wie lange begleiten Sie schon Laufbahnen?
Über meinen bisherigen beruflichen Werdegang gesehen sind es 20 Jahre. Seit fünf Jahren als Laufbahn- und Karriereberaterin beim Kaufmännischen Verband Zürich und davor als Coach, Trainerin und Projektleiterin in der Personalentwicklung und im Gesundheitsmanagement. Die Erfahrungen, die ich in der Wirtschaft in verschiedenen Funktionen, Unternehmen und Branchen sammeln konnte, kommen mir in der Beratung zugute.
Was ist das Besondere an Ihrer Arbeit?
Sie ist enorm sinnstiftend, weil viele Themen zusammenkommen. Da ist der Mensch mit all seinen Facetten und die Wirtschaft mit dem Arbeitsmarkt und seiner Dynamik. Dazu fliessen auch Gesundheitsthemen in die Beratung ein, wie zum Beispiel der Umgang mit den eigenen Ressourcen. Es ist sehr bereichernd, dazu beizutragen, dass jemand neue berufliche Perspektiven erkennt und sich eine berufliche Veränderung (wieder) zutraut.
Wie läuft eine Beratung ab?
Ganz wichtig ist für mich und meine Kolleginnen und Kollegen des Laufbahnberatungsteams, dass wir individuell vorgehen. Wir nehmen die Person so, wie sie ist, klären das Anliegen sorgfältig ab und definieren gemeinsam die relevanten nächsten Schritte. Wenn das Thema komplexer ist, arbeiten wir mit Testverfahren, um mehr über die Interessen, die Persönlichkeit oder das Potenzial zu erfahren. Wir setzen auch intuitive Verfahren ein, zum Beispiel mit Bildern, um Werte und Sinnthemen zu reflektieren. Mittlerweile beraten wir rund die Hälfte unserer Klientinnen und Klienten online. Das ist ideal für Leute mit einem dichten Zeitplan oder Betreuungspflichten. Zudem finden die Sitzungen auf einer professionellen und datengeschützten Plattform statt.
Warum eine Beratung?
Viele Menschen kommen in die Beratung, weil sie sich beruflich verändern wollen. Sie können sich nicht weiterentwickeln, die Rahmenbedingungen stimmen nicht mehr oder der Führungsstil der vorgesetzten Person ist nicht wie erhofft. Die erste Reaktion ist dann oft: «Ich muss weg, etwas Neues machen.» Was wir am Ende des Prozesses feststellen, ist, dass es sehr oft gar nicht zu einer kompletten Veränderung kommen muss. Vielmehr geht es darum, zu erkennen, was der Person wichtig ist, was sie gerne und gut macht und wie sie mehr davon in den bestehenden Berufsalltag integrieren kann.
Man muss also nicht gleich den Beruf wechseln?
Ein kompletter Berufswechsel ist tatsächlich eher selten. Häufiger sehen wir Branchenwechsel, bei denen man eine ähnliche Funktion behält und diese in einem neuen Umfeld ausübt. Oder noch kleiner gedacht, wenn es im aktuellen Unternehmen die Möglichkeit gibt, den Job so zu verändern, dass er wieder Freude macht. Dann sprechen wir von Job Crafting.
Was ist Job Crafting?
Job Crafting bedeutet, die eigene Arbeit aktiv zu gestalten. Dazu gehört, den eigenen Job mit all seinen Tätigkeiten zu reflektieren und sich zu fragen: «Wo liegen meine Leidenschaften, wo nicht? Welche Talente möchte ich mehr einbringen, welche Arbeiten könnte ich abgeben?» In der Beratung entwickeln wir Ideen, wie das Jobprofil angepasst werden kann. Der nächste Schritt ist dann, gemeinsam mit Vorgesetzten und Teamkolleginnen und -kollegen zu schauen, welche Teile davon in der Arbeitsrealität umgesetzt werden können. Aus der Forschung wissen wir, dass Job Crafting nachweislich zufriedener macht und gleichzeitig dem Unternehmen nützt.
Welche Tipps möchten Sie Arbeitnehmenden noch mit auf den Weg geben?
Bleiben Sie neugierig auf Trends und Entwicklungsmöglichkeiten – unabhängig vom Alter. Gestalten Sie Ihre Karriere aktiv und nicht erst dann, wenn es brennt. Regelmässige Reflexionsschleifen sind wichtig, auch wenn Sie zufrieden sind. Und – kleine Veränderungen führen oft schon zu mehr Zufriedenheit, es muss nicht immer «der grosse Wurf» sein.
Informationen und Anmeldemöglichkeit Online-Laufbahn- und Karriereberatung.
Barbara Keller, Laufbahn- und Karriereberaterin Kaufmännischer Verband Zürich
«Es ist sehr bereichernd, dazu beizutragen, dass jemand neue berufliche Perspektiven erkennt und sich eine berufliche Veränderung (wieder) zutraut.»
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